Ausgabesysteme

Experteninterview mit Michael Fütterer – Schulverwaltung Gemeinde Weyhe 

© Vesch NI | Stapel Mueslischalen mit Haenden

Michael Fütterer | Gemeinde Weyhe

Gebietskörperschaft: Landkreis Diepholz

Anzahl der Schulen in Trägerschaft: 7

Schulformen: 2 Kooperative Gesamtschulen, 5 Grundschulen

Anzahl der Schüler*innen: Ca. 2800

Bewirtschaftungssysteme: Fremdbewirtschaftung

Verpflegungssysteme: Mix aus Cook & Chill und Warmanlieferung

Anzahl der Essen pro Tag (gesamt): ca. 1100 + Kita

Plädoyer für Buffetsystem ohne Vorbestellung

​Wie haben Sie die Free-Flow-Ausgabe an den Schulen der Gemeinde Weyhe organisiert?

Wir haben 2017 alle fünf Ganztagsgrund- und beide weiterführenden Schulen auf Buffetsysteme umgestellt. Dazu haben wir in der Ausschreibung für die weiterführenden Schulen festgelegt, dass der Caterer verschiedene Bezahlmöglichkeiten anbieten muss. Die Kinder und Jugendlichen können sich entweder fest zum Mittagessen anmelden, ein Abo abschließen, ohne Anmeldung auch spontan essen, in bar, per Bezahlchip oder per Zehnerkarte zahlen. Die spontanen Angebote sind um wenige Cent teurer. Für ca. 900 Ganztagsrundschulkinder erfolgt die Abrechnung, da es sich um verbindliche Anmeldungen handelt, über die Gemeinde Weyhe. Außerdem war uns wichtig einen Caterer für alle Schulen und Kitas in Weyhe zu haben.  Wir haben also UNSEREN Caterer für Weyhe gesucht. Die Kitas werden warm beliefert, für die Schulen wird im Cook & Chill-Verfahren gekocht.

Warum haben Sie auf Buffetsysteme umgestellt?

Es gab vorher viel Reklamationen. Der größte Kritikpunkt an den weiterführenden Schulen war, dass das Essen im Voraus bestellt werden musste. Die Schüler*innen konnten nicht spontan und flexibel entscheiden. Insbesondere in den Ganztagsrundschulen gab es oft das Problem, dass nur ein Essen für alle angeboten wurde, mochte ein Kind dieses nicht, gab es keine Möglichkeit sich ein anderes Essen zu nehmen. Nachnehmen war in allen Schulen kaum möglich. Außerdem wurde das Essen auch noch von jemand Anderem auf den Teller gefüllt. Der Wunsch nach mehr Auswahl und Spontaneität war deshalb sehr groß.

Gab es Vorbehalte gegen die Umstellung auf Selbstbedienung?

Die größte Sorge aller war, dass es viel länger dauert, weil die Kinder sich nicht entscheiden können oder sich schlecht benehmen. Nichts davon ist passiert. Auch Erstklässler kommen sehr gut mit der Selbstbedienung zurecht und verhalten sich ihrem Alter gemäß verantwortungsvoll. Die Befürchtungen bestehen eher bei Erwachsenen, die den Kindern zu wenig zutrauen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass das Buffetsystem nicht zu mehr Ruhe führt – die Kinder laufen jetzt hin und her, weil sie sich z. B. mehrmals bedienen. Das Essen dauert deshalb aber nicht länger. Die Befürchtung, dass die Kinder viel mehr auf ihren Teller füllen, als sie essen können, ist ebenfalls nicht eingetreten.

Mussten Sie Ihre Schulküchen umbauen?

Wir haben mehr Ausgabestationen angeschafft und mussten die Küchen ein wenig umbauen. Die Ausgabestationen brauchen im Vergleich zur klassischen Cafeteria-Ausgabe etwas mehr Platz, z. B. für die Salatbar. Wir haben Kombidämpfer angeschafft, um vor Ort zu regenerieren. Hierfür hat die Gemeinde Geld in die Hand genommen. Der Platzbedarf muss in jeder Schulküche individuell bewertet werden, man muss sich jede Mensa genau anschauen.

Mit welchen Problemen waren Sie anfangs konfrontiert?

Das größte Problem in der Anfangszeit war, dass wir nicht planen konnten, wie viele Schüler*innen zum Essen kommen. Wenn 50 Kinder mehr kommen als geplant, hat der Caterer ein Problem. Das hat sich aber mit der Zeit gut eingespielt. Inzwischen kennt der Caterer die „Renner-Penner-Gerichte“. Die Gefahr, dass zu wenig Essen da ist oder zu viel Reste übrigbleiben, besteht nicht mehr. Entscheidend ist die enge Zusammenarbeit mit den Schulen. Wenn es gut läuft, informiert die Schule den Caterer rechtzeitig, z. B. wenn Ausflugstage anstehen.

Sind Free-Flow-Systeme personalintensiver?

Nein. Die Kraft, die vorher das Essen ausgegeben hat, betreut nun das Buffet. Als Mensakraft braucht sie jetzt mehr Expertise und den Blick für das Ganze: Wo muss nachgefüllt werden, wieviel Essen sollte noch regeneriert werden? Das hat ihre Arbeit aufgewertet. Ebenfalls hat sich der Zeitbedarf der pädagogischen Fachkräfte zur Betreuung beim Essen nicht geändert. Die Betreuung ist eine andere geworden, weil sie jetzt mit ans Buffet geht. Wir legen Wert darauf, dass die Schüler*innen das essen können, was sie wollen, niemand wird gegängelt oder gedrängt, etwas zu probieren.

Wie wirken sich Buffetsysteme auf die Akzeptanz aus?

Bei festen Auswahlmenüs gab es immer viele Kinder, die mit dem Essen nicht zufrieden waren. Jetzt haben alle die Wahl und können zwischen verschiedenen Komponenten wählen. Das hat zu viel mehr Zufriedenheit und Akzeptanz geführt. Es gibt viel weniger Beschwerden und diese konnten wir bisher immer lösen. Natürlich schmeckt es immer mal wieder jemandem nicht. Trotzdem überzeugt das System jeden. Als Erwachsene wollen wir beim Essen nicht bevormundet werden, das wollen Kinder auch nicht. Da reicht manchmal schon die Kleinigkeit, dass die Sauce auf und nicht neben die Nudeln gefüllt wird. Wir wollen für unseren Kinder und Jugendlichen mehr Selbstbestimmung und Autonomie. Sie lernen in der Schule viel, und vieles davon werden sie später wieder vergessen. Aber das Essen prägt sie ein Leben lang.

Das Interview führte Dörthe Wehmöller im Auftrag der Vernetzungsstelle Schulverpflegung mit Michael Fütterer (Gemeinde Weyhe) im Januar 2023.

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